Reichenau - ein historischer Überblick

Reichenau wurde als Waldhufendorf planmäßig angelegt. Der genaue Zeitpunkt ist nicht überliefert. Fest steht nur, dass dem Burggrafen von Kamenz von 1068 bis 1432 die Siedlungen entlang der Pulsnitz gehörten. Dazu zählte auch Reichenau, denn das heute noch bestehende Rittergut lässt sich auf eine am Pulsnitzknie liegende deutsche Wasserburg zurückführen.
In einem Kirchenmatrikel des Bistums Meißen wird 1436 Reichenau zufällig erwähnt. (Die Nennung in den Matrikeln erfolgte ab einer bestimmten Steuerlast; kleinere Dörfer mit wenig Steueraufkommen wurden nicht genannt)
Im Jahre 1413 erhält Hans von Schönbergk Reichenau als Lehen vom Landgrafen in Dresden. Damit beginnt die Herrschaft der Schönbergks in Reichenau, die dann Reichenbach, Oberlichtenau, Röhrsdorf usw. kauften bzw. als Lehen erhielten und von Reichenau aus herrschten.
Die Schönbergks, die das Reichenauer Rittergut bis in den 30jährigen Krieg hinein bewirtschafteten, bauten auch das nicht mehr vorhandene Renaissance-Herrenhaus in schlichtem Stil und das noch erhaltene Wirtschaftsgebäude an der Pulsnitz.
Der 30jährige Krieg brachte aber auch das Aus für die Herrschaft der Schönbergks. Das Reichenauer Rittergut geriet in Konkurs und wurde 1643 von Johann Georg von Rechenberg gekauft.
1661 wurde Reichenau nebst weiteren dazu gehörenden Gütern in Erb- und Weiberlehen verwandelt. 1678 geht es in den Besitz des Elstraers Ernst von Knoch über, der 1693 auch Reichenbach kaufte.
1704 wird der Besitz der Herrschaft Reichenau, Reichenbach und Koitzsch in ein Fideikommiß (anvertrautes, nicht veräußerbares Besitztum) umgewandelt. Über die nächsten zwei Jahrhunderte ist nichts bekannt, weil angeblich Dokumente bei einem Schlossbrand bei Elstra vernichtet wurden. Sicher ist es aber so, dass ähnlich wie in Reichenbach, die gleiche Besitzfolge in Reichenau vor sich ging.
Der letzte Besitzer Heinrich Egon von Hartmann-Knoch starb 1922. Schon 1919 lösten die 17 Anwärter auf das Besitztum das Fideikomiß auf. Die Rittergüter Reichenau und Koitzsch kaufte die Stadt Kamenz am 30.9.1919. Reichenau wurde verpachtet.
1945/46 besetzte und bewirtschaftete die russische Besatzungsmacht das Rittergut. 1947 bis 1948 wurde es von der Stadt Kamenz betrieben.
Vom Jahre 1949 an, bis 1983, hieß das Reichenauer Rittergut "Volkseigenes Gut Koitzsch, Teilgut Reichenau", 1984 wurde es schließlich in die LPG Tierproduktion Oberlichtenau eingegliedert.
In diese Zeit (1976) fiel auch der Abriss des denkmalgeschützten Ranaissance-herrenhauses, das schon damals in einem argen Zustand war und nicht mehr benötigt wurde. Mittels Planierraupen wurde es in den Garten hinter dem Schloss geschoben. Dort liegt es noch heute, die Natur ist darübergezogen.

Zahlen und Fakten:

  • 1429 - 1431: Die Hussiten ziehen plündernd und brandschatzend von Kamenz über Königsbrück durch das Pulsnitztal.
  • Sie zerstörten 1431 die Reichenauer Kirche, die nicht mehr aufgebaut wurde. Heute ist sie in das Reichenbacher Kirchenspiel eingeordnet. 
  • 1680 wütete in Reichenbach die Pest. Es starben 77 Personen. 
  • 1813/14: In der Zeit der Napoleonischen Kriege sind preußische und danach russische Truppen in Reichenau einquartiert. 
  • 1842: Für die Reichenauer Bauern begann die Ablösung der Frondienste bei zähen Verhandlungen mit der Knoch'schen Rittergutsherrschaft. 
  • 1877 wurde die Staatstraße durch das Pulsnitztal vollendet und an der "Binde" in die Kamenzer Straße eingebunden. 
  • 1894/95: Die jetzige, ehemalige Reichenauer Schule wurde gebaut und bis 1981 betrieben. 
  • 1930 wird das Reichenauer Heimatmuseum von Hermann Richter als Heimatstube eröffnet und anlässlich des Schul-Erweiterungsbaus 1935 auf dem Dachboden als Museum eröffnet. 
  • 30er Jahre: Auch die Naturbühne wird von Oberlehrer Richter als Freiluft-Unterrichtsplatz geschaffen. Später wird die Anlage erweitert. 
  • 1945: Der 2. Weltkrieg brachte 57 Tote und Vermisste. 
  • 1970 beginnt das Laientheater Reichenau seine spielerische Tätigkeit. 

Quelle: Konrad Weichert, Ortschronik Reichenau
Autor: Günter Thus, Reichenau

 


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